7 Fehler beim Erstellen eines ERP-Lastenhefts – und wie man sie vermeidet
Das Lastenheft ist das Herzstück bei der Auswahl des passenden ERP-Systems für ein Unternehmen. Fehler können schwerwiegende Folgen haben und kostspielige Anpassungen nach sich ziehen. Umso wichtiger ist es, bei der Erstellung des Lastenhefts sorgfältig vorzugehen und Fehler zu vermeiden. Welche Fehler es beim Erstellen eines ERP-Lastenhefts zu vermeiden gilt, beleuchten wir im Folgenden.
Fehler #01: Fehlende Prozessorientierung
Bei der Erstellung eines ERP-Lastenhefts sollten Sie nicht einfach nur benötigte Funktionen beschreiben. Vielmehr sollten die Geschäftsprozesse im Fokus stehen, deren detaillierte Beschreibung ist die Basis für ein erfolgreiches Lastenheft. Sollten noch keine vollständigen oder aktuellen Prozessbeschreibungen vorliegen, müssen diese definiert werden. Dabei können Sie bereits bekannte Schwachstellen schon in der Planung beheben, indem Sie die optimalen Sollprozesse beschreiben. Wenn die optimalen Abläufe Ihres Unternehmens feststehen, können Sie hieraus die benötigten Features ableiten. Dabei gilt natürlich die Faustregel: Ein ERP-System muss sich an die Prozesse anpassen können – und nicht umgekehrt.
Fehler #02: Fachabteilungen bei der Erstellung des Lastenhefts nicht einbeziehen
Das Erstellen eines Lastenheftes ist keine One-Man-Show, sondern hier ist der Dialog mit den Experten aus den Fachabteilungen gefragt. Daher sollten sämtliche Fachbereiche im Unternehmen einbezogen werden. Immerhin befinden sich hier die Anwender, die mit der zukünftigen ERP-Lösung arbeiten werden. Sinnvoll sind Workshops, in denen die konkreten Anforderungen der Fachabteilungen erarbeitet werden. Hierbei sollte eine Unterscheidung zwischen Muss- und Kann-Anforderungen getroffen werden, sodass keine übermäßig lange „Wunschliste“ entsteht. Beziehen Sie auch Kritiker mit ein, so erhöht dies die Akzeptanz der späteren Lösung zusätzlich.
Haben Sie den Input aller Bereiche gesammelt, so muss abschließend eine Gesamtbetrachtung erfolgen. Das Ziel ist es nicht, einzelne Abteilungen zu optimieren, sondern die gesamte Organisation zu harmonisieren.
Fehler #03: Vermischung von Lastenheft und Pflichtenheft
Lastenheft und Pflichtenheft werden häufig als Synonyme betrachtet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es ist demnach wichtig, die beiden Begriffe klar voneinander abzugrenzen:
- Das Lastenheft beschreibt, was gefordert wird. Es wird durch den ERP-Kunden erstellt.
- Das Pflichtenheft beschreibt, wie die Anforderungen umgesetzt werden. Die Erstellung erfolgt durch den ERP-Anbieter.
Im Detail bedeutet dies: Ein Lastenheft zeigt auf, welche Funktionen und Eigenschaften das Wunschsystem mitbringen soll. Es wird an alle infrage kommenden ERP-Anbieter verschickt und unterstützt damit den Auswahlprozess. Ist dieser abgeschlossen, beginnt die Implementierung.
Bei dieser wird zunächst ein Workshop mit dem ausgewählten ERP-Anbieter durchgeführt, in dessen Rahmen die Prozesse und Anforderungen aus dem Lastenheft im Detail durchleuchtet werden. Im Ergebnis entsteht das Pflichtenheft, in welchem der Software-Anbieter genau darlegt, wie die technische Umsetzung der Forderungen aus dem Lastenheft aussehen wird.
Das Pflichtenheft ist damit gleichzusetzen mit einer konkreten Planung für die Implementierung des neuen Systems. Es enthält exakte Spezifikationen hinsichtlich der Software-Konfiguration für den konkreten Anwendungsfall in Ihrem Unternehmen.
Fehler #04: Zu viel oder zu wenig Informationen - der richtige Detailgrad des Lastenhefts
Nach der Definition strategischer und fachbereichsspezifischer Ziele sind Sie in der Lage, konkrete Anforderungen abzuleiten. Sie können an diesem Punkt also damit beginnen, ein Lastenheft zu erstellen. Dass dies keineswegs trivial ist, wissen viele Projektverantwortliche aus eigener Erfahrung. Die wesentliche Herausforderung besteht darin, eine geeignete Informationstiefe zu wählen und wichtige Informationen von unwichtigen zu unterscheiden.
Eine zu oberflächliche Beschreibung führt dazu, dass zahlreiche Rückfragen und Missverständnisse entstehen. Das andere Extrem – ein Lastenheft mit maximalem Detailgrad, welches jede Eventualität abdeckt - kann von ERP-Anbietern kaum noch bewältigt werden und führt zu einem Arbeitsaufwand, der nicht im Verhältnis zum Nutzen steht. Um eine Balance zwischen diesen beiden Ausprägungen zu erreichen, sind folgende Faustregeln hilfreich:
- Beschreiben Sie Prozesse und Anforderungen so, dass Außenstehende sie verstehen.
- Verlieren Sie sich nicht in unnötigen Details.
- Verzichten Sie auf unrealistische „Nice-to-have-Features“.
- Standard-Features, die in jedem Unternehmen benötigt werden (beispielsweise eine bestellbezogene Rechnungsprüfung), reißen Sie nur kurz an.
Fehler #05: Lösungsweg im Lastenheft bereits vorgeben
Eine weitere wichtige Regel für das ERP-Lastenheft lautet: Beschreiben Sie Ihre Anforderungen, jedoch nicht deren Umsetzung. Anders formuliert: Das Lastenheft sollte stets lösungsneutral verfasst sein.
Deutlich wird dies am besten anhand eines Beispiels. Nehmen wir an, Sie benötigen eine Funktion zum Starten Ihrer Produktion. Schreiben Sie nun – überspitzt dargestellt – in das Lastenheft „Oben links soll sich ein roter Button befinden, mit dem sich ein Fertigungsauftrag erteilen lässt“, so schließen Sie streng genommen sämtliche ERP-Anbieter aus, die den gewünschten Button nicht realisieren können. Möglicherweise sortieren Sie sogar Lösungen aus, die den Produktionsauftrag automatisch starten – etwa beim Unterschreiten eines definierten Mindestbestands. Eine lösungsneutrale Formulierung der Anforderung wäre beispielsweise: „Es wird eine Funktion zum Starten der Produktion benötigt“.
Fehler #06: Nicht flexibel auf Änderungen reagieren
Fälschlicherweise besteht zum Teil die Ansicht, dass ein Lastenheft nach der Erstellung nicht mehr verändert werden darf und somit ein statisches Dokument ist. Dies ist jedoch nicht richtig, denn vielmehr sollte das Lastenheft flexibel auf sich ergebende Änderungen angepasst werden. Das heißt, ein Lastenheft kann und sollte während des Auswahlprozesses sogar wachsen, an Qualität gewinnen und sich weiterentwickeln. Dies geschieht beispielsweise durch clevere Rückfragen von ERP-Anbietern, die eine weitere Recherche im Unternehmen auslösen. Es folgen erneute Nachfragen in den betroffenen Abteilungen, die möglicherweise zu neuen Anforderungen führen. Beachten Sie bei Anpassungen des Lastenhefts jedoch, dass Sie Ihre Shortlist-Anbieter jederzeit auf dem aktuellen Stand halten sollten und ihnen entsprechende Änderungen mitteilen sollten.
Fehler #07: Sich nicht genügend Zeit für die Erstellung des Lastenhefts nehmen
Bei der Erstellung des Lastenhefts ist große Sorgfalt gefragt. Deshalb sollten Sie sich genügend Zeit dafür nehmen und keine Schnellschüsse forcieren. Schließlich ist das Lastenheft die Basis, um das passende ERP-System für Ihr Unternehmen zu finden. Eine Entscheidung, die oftmals dramatische finanzielle und zeitliche Auswirkungen im Projekt nach sich zieht.
Drei typische Gründe, warum Unternehmen der Lastenheft-Erstellung nicht genügend Zeit einräumen, können sein:
- Es wird nicht erkannt, wie wichtig die Rolle des Lastenhefts bei der ERP-Auswahl ist und demzufolge wird der Erstellung nicht die erforderliche Priorität beigemessen.
- Es fehlen Kapazitäten, um ein Lastenheft professionell auszuarbeiten.
- Im Unternehmen ist keine Expertise vorhanden, um ein Lastenheft effizient zu erstellen.
Fazit: Fehler bei der Lastenhefterstellung können vermieden werden
Das Erstellen eines Lastenheftes ist keine triviale Aufgabe und Fehlentscheidungen können weitreichende Folgen haben. Deshalb sollten Sie bei der Erstellung Ihres Lastenheftes sorgfältig vorgehen. Hilfestellung dafür liefert Ihnen der kostenlose Lastenheftgenerator „ERP Planner“. Registrieren Sie sich unverbindlich und starten Sie mit der Erstellung Ihres individuellen Lastenhefts.